Meinrad Pichler: Aus dem Montafon an den Mississippi. Amerika-AuswandererInnen aus dem Montafon
Zahlreiche Montafoner und Montafonerinnen haben im 19. Jahrhundert aus unterschiedlichen Anlässen, aber mit ähnlichen Hoffnungen die gefahrvolle Reise in die Neue Welt angetreten. Die meisten von ihnen hatten davor schon Wanderungserfahrung. Trotzdem waren die Risiken dieser Entscheidung kaum abzusehen. Fast alle ließen sich anfänglich im landsmannschaftlichen Milieu von St. Louis am Mississippi nieder. Hier hatte ein Gaschurner bereits in den 1830er Jahren ein Baugeschäft gegründet, in dem die Neuankömmlinge Arbeit fanden.
Anhand zahlreicher Einzelschicksale wird erzählt, wie, warum und wem die Integration ge- oder misslungen ist; wer dem erhofften Glück näher kam und wer auch in Übersee chancenlos blieb. Glück und Unglück, Aufstieg und Absturz oder einfach ein mehr oder weniger ordentliches Auskommen kennzeichnen die Biografien. Etliche haben die Chancen der Neuen Welt zupackend angenommen, andere hatten Anpassungsschwierigkeiten und Heimweh und wieder andere sind im Meer der namenlosen Einwanderer untergegangen.
Durch eine Auswertung heimischer und umfangreicher amerikanischer Quellen und mit bisher unveröffentlichten Originaldokumenten wird ein farbiges Bild der MontafonerInnen in Amerika gezeichnet.
Das Buch erschien anlässlich der gleichnamigen vom Autor kuratierten Ausstellung im Heimatmuseum Schruns.
Inhalt
Einleitung 7
„Nichts als Bedrängtheit“ - Ursachen und Anlässe für die Auswanderung 9
Sonderfall Montafon 13
Ins Land der Hoffnung - Die mühsame Reise zu Wasser und zu Land 19
Über und aus Frankreich nach Amerika 22
Heimatsuche in der Fremde - St. Louis als Startplatz 29
Der Patron Franz Josef Saler - Kirche, Karriere, Konkurs 34
Aus Salers Schatten: Die Familie Ganahl 40
Maurer und Farmer - In St. Louis und Mississippi aufwärts 47
Auf eigenen Wegen 55
Amerikanische Lebensläufe 58
Von der Baumwolle zum Erdöl: Joseph Ganahl (1796-1836) und seine Nachkommenschaft 58
Im Tiefen Süden: Die Brüder Alois (1838-1896) und Franz (1844-1923) Sandrell aus Tschagguns 65
Die Zukunft ausgemalt: Johann Walser (1852-1947) aus Lorüns 68
Im Sturm nach Amerika: Martin Josef Nuderscher (1845-1919) aus Vandans 73
Der Brückenbauer: Josef Mayer (1855-1924) aus Schruns 78
Eine Wanderungsbilanz 81
Anhang 83
Literaturverzeichnis 83
Allgemeine Abkürzungen 85
Abkürzungen zu Dokumenten aus www.ancestry.com 86
Abkürzungen der amerikanischen Bundesstaaten 87
AuswandererInnen aus dem Montafon nach Amerika 88
Personenregister 107
Ortsregister 111
Leseprobe
„Die Auswanderung aus dem Montafon folgte eigenen Gesetzmäßigkeiten und ist ganz im Zusammenhang mit der traditionellen Frankreichgängerei zu sehen. Es finden sich deshalb weniger zeitlich begrenzte Wellen als vielmehr ein ständiger Fluss, besonders in den 50 Jahren zwischen etwa 1840 und 1890. Im gesamten 19. Jahrhundert aber blieb Frankreich immer das dominierende Wanderungsziel der Montafoner Bauhandwerker; und das nicht nur für die Saisonarbeiter, sondern auch für jene, die sich nach Wanderjahren auf Dauer in Frankreich niederließen. Eine Bevölkerungsbeschreibung von St. Gallenkirch aus dem Jahre 1891 scheint auch für andere Montafoner Gemeinden repräsentativ: Von der Gesamtbevölkerung von 1.228 Personen waren 565 männlich. Von diesen Letzteren befanden sich 150 als Arbeiter im Ausland. 30 davon waren bereits seit einigen Jahren nicht mehr ins Montafon zurückgekehrt. Mindestens 80 weitere Bauhandwerker hatten in Frankreich Familien gegründet oder die Montafoner Familie nachkommen lassen. 'Nach Amerika ausgewandert sind in den letzten Jahren zwei Bauernfamilien und drei ledige Bauhandwerker.' Eine im Verhältnis zwischen Frankreich und Amerika ähnliche Verteilung der Wanderungsziele ist auch für die Jahrzehnte davor anzunehmen.“ (S. 14)