Kurt Greussing: Vom "guten König" zum Imam. Staatsmacht und Gesellschaft im Iran
Die Folgen der iranischen Revolution von 1978/79 werfen Fragen auf, die sich nicht auf ein Verständnis allein der religiösen Traditionen beschränken lassen. Welche Rolle spielte die Staatsmacht in der islamischen Geschichte des Iran für die (Unter-)Entwicklung der Gesellschaft? Wie verhielten sich Staat und Gesellschaft zueinander? Die vorliegende Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, daß im Iran sich weder Traditionen feudaler Herrschaft nach (west)europäischem Muster noch solche einer "asiatischen Produktionsweise" mit einem zwar despotischen, aber die gesamtwirtschaftliche Vernunft verkörpernden Staat (à la China) herausgebildet haben. Die Modernisierungsdiktaturen der beiden Pahlavi-Schahs (1921-1979) standen in der Kontinuität einer spezifisch iranischen despotischen Herrschaft, gestützt auf das externe Einkommen aus der Öl-Produktion. Antidespotische Volksbewegungen in der Geschichte des Iran waren nur zu oft von Weltbildern geleitet, die mit ihrer Idee des "guten Königs" - oder des Imam -, der alle Ungerechtigkeit zu einem Ende bringen werde, lediglich das Kehrbild der bekämpften Despotie formulierten. Aktuelle shi'itische Staatsphilosophie folgt durchaus solcher Tradition. In deren Bann stehen selbst die (islamischen) Gegner des jetzigen iranischen Regimes.
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