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Werner Bundschuh (1992): Die Wiener Septemberunruhen - der "blutige Sonntag" von 1911 im Spiegel der Vorarlberger Presse

Zum ersten Mal seit den revolutionären Unruhen in den Jahren 1848/49 eröffnete das Militär am 17. September 1911 in Wien das Feuer auf demonstrierende Arbeiter und Arbeiterinnen. Es gab zahlreiche Tote und Verwundete. 283 Demonstranten wurden in den folgenden Prozessen abgeurteilt. Hunger und Not hatten die Menschen auf die Straße getrieben. Der "Blutsonntag" führte auch im Vorarlberger Landtag zu heftigen Debatten und zu sehr unterschiedlichen Bewertungen in den weltanschaulich gebundenen Zeitungen.

Werner Bundschuh

Die Wiener Septemberunruhen - der "blutige Sonntag" von 1911 im Spiegel der Vorarlberger Presse

 

Erschienen in: Montfort. Vierteljahresschrift für Geschichte und Gegenwart Vorarlbergs, Jg. 44, 1992, Nr. 4, S. 349-361

 

Zum ersten Mal seit dem Revolutionsjahr 1848 eröffnete am 17. September 1911, an einem Sonntag, das Militär "Ihrer Majestät Franz Joseph I." - Regierungschef war Baron Paul Gautsch von Frankenthurn - in Wien das Feuer auf Demonstranten. Vier junge Arbeiter - Otto Brötzenberger, Franz Joachimsthaler, Leopold Lechner und Franz Wögerbauer - starben durch Kugeln oder Bajonettstiche. Ein Demonstrant nahm sich in der Untersuchungshaft aus Verzweiflung über die zu erwartende exemplarische Bestrafung das Leben. Nach offiziellen Angaben gab es in diesen Tagen - erst am 21. September konnte "die Ruhe" wieder völlig hergestellt werden - 149 zum Teil Schwerverletzte, davon 23 Polizisten. Es wurden 488 Verhaftungen durchgeführt, 283 Demonstranten bei Massenprozessen abgeurteilt. Der angerichtete Sachschaden war beträchtlich: Die Zertrümmerung von Fensterscheiben, die Zerstörungen von Gaslaternen, Geschäftsauslagen und an öffentlichen Gebäuden ergaben einen Gesamtschaden laut Polizeibericht von 198.100 Kronen.1

Hunger und Not trieben vor allem junge Hilfsarbeiter, Frauen und Kinder auf die Straße. Diese Hungerrevolte im September 1911 war ein Ausdruck der tiefen wirtschaftlichen und sozialen Krise in der Habsburger Monarchie am Vorabend des Ersten Weltkrieges.

Die herrschende Wohnungsnot, die Enttäuschung weiter Teile der Arbeiterschaft über die mangelnde Bereitschaft des "Volksparlamentes", energische Maßnahmen gegen die bestehenden sozialen Verhältnisse zu ergreifen und die anhaltende Lebensmittelteuerung führten zu den spontanen Unruhen.

 

Der "Blutsonntag" in Wien

 

Der Verlauf der blutigen Ereignisse in Kurzform: Anschließend an eine offizielle, von den Sozialdemokraten gebilligte, aber nicht organisierte Demonstration - die Organisation der Massendemonstration wurde den einzelnen Bezirken überlassen, ein Ordnerdienst fehlte, die An- und Abmarschrouten waren nicht koordiniert - , entlud sich der blindwütige Hass einer aufgepeitschten Menge, und es kam zu wüsten Auseinandersetzungen mit dem Militär und der Polizei. Vor allem im Arbeiterviertel Ottakring blieb kaum ein Haus, kaum ein Fenster, kaum eine Laterne unversehrt. Schulgebäude und Straßenbahnwaggons wurden angezündet, Barrikaden errichtet, Geschäfte geplündert, regelrechte Straßenschlachten dem anrückenden Militär geliefert.

Die Zusammenstöße waren gleichsam vorprogrammiert. Zur Eskalation der Gewalt trug die offensichtlich zur Schau gestellte Militärpräsenz nicht unwesentlich bei. Bereits am Morgen des 17. September ließ Statthalter Bienert - entgegen den Usancen seines Vorgängers Graf Kielmansegg, der bei Großdemonstrationen wie etwa bei der Teuerungsdemonstration 1910 Arrangements mit den sozialdemokratischen Führern geschlossen hatte - ein gewaltiges Militäraufgebot zusammenziehen: 1.800 Mann und 220 Berittene, 135 Polizeiagenten und die gesamte Wache im 1. Bezirk, dazu als Reserve sechs Infanteriebataillons und 16 Kavallerieeskadrons

Der Anmarsch der Demonstranten - die Schätzungen reichten von 30.000 in den bürgerlichen Medien bis zu 100.000 in der "Arbeiter-Zeitung" - war um 10 Uhr beendet. Es fand - entgegen den sonstigen Gepflogenheiten - keine Schlusskundgebung statt, sondern an fünf verschiedenen Stellen sprachen sozialdemokratische Abgeordnete. Auslösendes Moment für die Krawalle war das Gerücht, dass aus einem Fenster des Rathauses auf die Menge geschossen worden sei. Die wütenden Demonstranten warfen hierauf Steine gegen das Amtsgebäude. Auf der Stelle wurde gegen die Steinewerfer vorgegangen. Die einschreitenden Wachmannschaften wurden von den benachbarten Gasthäusern aus mit Bierkrügen und Sesseln angegriffen, einzelne Berittene zu Fall gebracht. Versuche, die aufgebrachten Demonstranten zu beruhigen, scheiterten: Der sozialdemokratische Abgeordnete David, der zur Mäßigung aufrief und einem Polizeioffizier helfen wollte, wurde selbst attackiert und verletzt.

Zersprengte Demonstranten flüchteten in den 7. und 8. Bezirk, wo sie randalierten. Gleichzeitig wurden gegen den Justizpalast und gegen das Gebäude des Verwaltungsgerichtshofes Steine geworfen, am Gürtel wurden Straßenbahnwaggons angezündet. Mit "blanker Waffe" gingen Polizei und Militär gegen die Randalierer vor.

In Ottakring entwickelten sich regelrechte Straßenschlachten: Die Volksschule und die k. k. Staatsrealschule wurden verwüstet, das anrückende Militär von den Fenstern aus mit allen möglichen Gegenständen beworfen. Als gegen halb vier Uhr ein Verhafteter befreit wurde, wurde Schießbefehl gegeben. Sechs Demonstranten wurden getroffen. Über Ottakring verhängten die Behörden den Ausnahmezustand. Doch wie in Fünfhaus, Meidling und Favoriten dauerte es bis zum 21. September, bis die "Ordnung" wieder hergestellt war.

 

Berichterstattung als Spiegel der eigenen Weltanschauung

 

Die Wiener Ereignisse führten auch in Vorarlberg zu heftigen Reaktionen. In ihrer Mittwochausgabe berichteten das christlichsoziale "Vorarlberger Volksblatt"2 und das "Bregenzer Tagblatt", das "Deutsch-freisinnige Organ für das Land Vorarlberg"3, am folgenden Tag die sozialdemokratische "Vorarlberger Wacht"4 ausführlich über die Vorgänge in der Reichshauptstadt. Gemäß der politischen Ausrichtung der Zeitungen fiel die Berichterstattung unterschiedlich aus.

Das "Vorarlberger Volksblatt" setzte seinen Bericht unter die Überschrift "Der Tag der Roten". Bereits im Einleitesatz wurde die Schuldzuweisung eindeutig getroffen und die Ausschreitungen als ein "von langer Hand" vorbereiteter Aufruhr der Sozialdemokraten hingestellt, die "das arbeitende Volk durch einen höchst aufreizenden Versammlungs- und Demonstrationsaufruf verhetzt und aufgestachelt" hätten.

Bei einer sozialdemokratischen Obmännerkonferenz hatten am Freitag, dem 15. September, Funktionäre noch versucht, den Volkszorn zu dämpfen - vergeblich, wie sich zeigen sollte. Bei den Hungerdemonstrationen ließen sich vor allem nicht organisierte Halbwüchsige zum Randalieren hinreißen. Von ihrem Handeln distanzierte sich die Parteileitung. Zwar könne man ihren Zorn und ihre wütende Ohnmacht verstehen, aber die Sachbeschädigungen könnten nicht gutgeheißen werden. Diese Beteuerungen wurden vom "Volksblatt" als Doppelzüngigkeit angeprangert:

"Die gestrigen Ausschreitungen der auf diese Weise aufgestachelten Menge haben auch die heuchlerischen Worte der sozialdemokratischen Parteiführer Lügen gestraft... Die Verantwortung tragen die Oberhäupter der Partei, da hilft kein nachträgliches Heulen und Wehklagen."

Das "Volksblatt" sprach von 40.000 Demonstranten und ließ seine Leserschaft wissen, dass die Krawalle durch "organisierte Jugendliche" hervorgerufen worden seien. Bei der Schilderung der "Exzesse des Pöbels" wurde die Gewaltanwendung seitens der Demonstranten besonders hervorgehoben und einseitig gewertet. Jener Teil des Artikels, der von Sachbeschädigungen handelte, wurde mit dem ironischen Untertitel "Weitere Heldentaten" versehen. Ausführlich kamen die "blutigen Gewalttaten" der Exzedenten zur Sprache:

"Der Oberkommissär Dr. Rudolf Wagner, der vom Aisergrund zur Lichtenfelsgasse kommandiert war, erhielt durch einen Stockhieb über den Kopf eine Blutbeule an der Schädeldecke, die heftig schmerzte. Einen zweiten Stockhieb mitten aus der Menge erhielt der neben ihm stehende sozialdemokratische Abgeordnete David, der den Hieb mit der rechten Hand parieren wollte. Er wurde im Gesicht getroffen und leicht verletzt. Ein drittes Opfer wurde der Bezirksinspektor Pleyel von Bleiburg. Er wurde durch Stockhiebe an der rechten und der linken Schläfe sowie am Hinterhaupt sehr erheblich verletzt. Das Blut troff ihm sofort über den Waffenrock."

Diese detaillierten Angaben über die ,Untaten' der Demonstranten sollten beim Leser negative Emotionen gegen die 'Verantwortlichen' - nämlich die 'sozialistischen' Demonstranten - auslösen. Wesentlich knapper und ohne Mitgefühl erfolgte hingegen die Berichterstattung über die Opfer der staatlichen Gewalt. Lapidar hieß es da:

"Hiebei wurde ein junger Bursche, namens Prötzenberger (sic!) durch einen Bajonettstich schwer verletzt und verschied bald darauf im 'Arbeiterheim', wohin man ihn gebracht hatte. Mehrere Personen erlitten leichtere Verletzungen... Im Bezirke sind Gerüchte über zahlreiche Verwundete verbreitet, doch ist Bestimmtes nicht zu erfahren."

Am folgenden Tag verschärfte das "Volksblatt" noch die Polemik gegen die Sozialdemokraten. Ihre alleinige Verantwortung für die Toten an diesem Tag wurde erneut unterstrichen. Zwar wurde der Grund der Demonstration, die allgemeine Teuerung, als berechtigt anerkannt, aber die Entfesselung der "bestialischen Triebe" wurde als Ausfluss der sozialistischen Presse und Parteipolitik angeprangert. "Der letzte, blutige Sonntag muß in der Geschichte der österreichischen Sozialdemokratie besonders schwarz verzeichnet werden," hieß es im Kommentar. Der christlichsoziale Redakteur warf den Sozialdemokraten des Weiteren vor, sie würden zur Lösung der "Weltfrage" - der überall herrschenden bitteren Not und Teuerung - keine konstruktiven Vorschläge beitragen, sondern die "traurige Lage durch eine verleumderische, hetzerische Campagne zu einem Politikum machen." Den sozialdemokratischen Führern ginge es nicht um die Lösung der Lebensmittelfrage, sondern ausschließlich um politische Macht. Der Versuch, die "groben Exzesse" in Wien dem Militär anzulasten, zeige ihre "ganze erbärmliche Feigheit". Der Militäreinsatz wurde im Artikel als Folge der Volksprovokation ausdrücklich gutgeheißen: "Mit Ausnahme der blindwütenden Sozialdemokraten wird durchwegs lobend hervorgehoben, daß die Polizei und das Militär sich außerordentlich maßvoll und zurückhaltend benommen hätten."

Die christlichsoziale Berichterstattung beabsichtigte in erster Linie die Exkulpierung des Militärs und der Polizei. Sie unterstützte damit die offizielle Regierungsversion vom Ablauf des Geschehens und stellte sich somit ohne kritische Distanz zum Waffengebrauch auf die Seite der staatlichen Ordnungskräfte. Damit verbunden war die alleinige Schuldzuweisung an die sozialdemokratische Parteiführung.

Zur Unterstützung seiner Version setzte der christlichsoziale Redakteur antisemitische Ressentiments ein. Er beschuldigte die Liberalen, mit den Sozialdemokraten unter einer Decke zu stecken. Die "jüdisch-freisinnige Presse" erwecke den Eindruck, "als ob die ihrem Geiste verwandte Sozialdemokratie an den Ausschreitungen unschuldig wäre." Dies wertete der "Volksblatt"- Schreiber als Beleg dafür, dass "die sozialdemokratische Partei bereits vollständig in die Klauen der Juden geraten" sei.5

Damit ließ sich vortrefflich Politik machen: Auch in Vorarlberg spielten die Christlichsozialen seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert die antisemitische Karte aus und mobilisierten auf diese Weise breite Bevölkerungsschichten.6

Während von der christlichsozialen Presse also versucht wurde, die Schuld an den blutigen Ereignissen der "verjudeten Sozialdemokratie" in die Schuhe zu schieben, berichtete das deutschfreisinnige "Bregenzer Tagblatt" wesentlich differenzierter und sachlicher. Die Sozialdemokraten wurden nicht auf diese Weise abqualifiziert wie im "Volksblatt".

Diese Tatsache hängt mit der damaligen politischen Frontstellung im Lande zusammen: Zu dieser Zeit waren nämlich die Deutschfreisinnigen und die Sozialisten - die beiden laizistischen Minderheitsparteien - potentielle Bündnispartner im Kampf gegen die konservativ-klerikale Majorität.

Bei der Landtagswahl 1909 hatten die Christlichsozialen einen überragenden Sieg verbuchen können: Von 26 Sitzen waren nur zwei an liberale Abgeordnete gegangen, den Sozialisten war der Einzug ins Landesparlament nicht gelungen. Um gegen diese erdrückende ,schwarze' Mehrheit den Funken einer Chance zu haben, schlossen die Sozialisten mit den Liberalen partielle Wahlbündnisse, sogenannte ,Kompromisse'. Im Juni 1911 zeitigte ein solcher ,Kompromiss' Erfolg: In der Juni-Reichsratswahl unterlag der christlichsoziale Arbeiterführer Dr. Karl Drexel in einem beinhart geführten Wahlkampf einer Koalition aus Deutschfreisinnigen und Sozialdemokraten, die sich auf den nationalliberalen Dr. Ferdinand Kinz als Kandidaten geeinigt hatten.7 Politisch standen sich die beiden laizistischen Parteien also am nächsten. Dies zeigte sich auch bei der Berichterstattung über die Wiener Arbeiterunruhen.

Am gleichen Tag, an dem das "Volksblatt von einem "von langer Hand vorbereiteten Aufruhr" der Sozialdemokraten sprach, informierte das deutsch-freisinnige Organ seine Leserschaft über die "Teuerungskrawalle" in Wien dergestalt, dass sich die langandauernde Erregung über die Lebensmittelteuerung und das Fleischeinfuhrverbot nach einer sozialdemokratischen Kundgebung "unerwartet in schweren Exzessen" entladen habe.8 Die Schilderung des Ablaufs der Demonstration - es war auch im "Tagblatt" von 40.000 Demonstranten die Rede - erfolgte ohne die im "Volksblatt" vorgenommene einseitige Schuldzuweisung an die Sozialdemokraten. Vor allem wurde der Leserschaft nicht suggeriert, dass es sich um geplante Ausschreitungen gehandelt habe:

"Die Demonstration gegen die Teuerung selbst verlief ruhig. Um 11 Uhr vormittags verkündeten Hornsignale das Ende der Versammlung und die Menge zog ab. Plötzlich verbreitete sich panikartig das Gerücht, daß aus einem Fenster des Verwaltungsgerichtshofes auf die Demonstranten geschossen worden ist. In wilder Wut stürmte die Menge das Gerichtsgebäude und zertrümmerte alle Fenster. Eine Eskadron Kavallerie erschien und die Menge stob auseinander... Polizeikommissäre wollten die Menge beruhigen und sie wurden dabei vom sozialdemokratischen Abgeordneten David unterstützt, doch die Menge war nicht zu halten."

Während das "Volksblatt" den Aufruf der sozialdemokratischen Führung, Ruhe zu bewahren, sich jeder weiteren Demonstration zu enthalten und am Montag früh wie gewöhnlich die Arbeit wieder aufzunehmen, als "Scheinheiligkeit" wertete, wurde diese Mitteilung im "Tagblatt" als reine Sachinformation wiedergegeben. In diesem angesprochenen Flugblatt der "Parteivertretung der sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Österreich" vom 17. Mai hieß es:

"Die Regierung hat das Militär gegen das Volk geschickt. Blut ist geflossen. Wieder einmal hat die Regierung Menschenleben geopfert, um ein paar Fensterscheiben zu retten.

Wir teilen Eure Erbitterung über die Regierung, die uns Mannlichergeschosse gibt statt billiger Nahrung. Aber mit der Fortsetzung der Demonstrationen in diesem Augenblicke wäre Niemandem geholfen als der Reaktion, die darnach lechzt, die Bewegung gegen die Teuerung in einem Blutbad zu ersticken. Wir wollen nicht, daß zwecklos und nutzlos kostbare Menschenleben geopfert werden... Wir fordern daher alle Arbeiter und Parteigenossen Wiens auf jede weitere Demonstration zu unterlassen bis der Ruf der Vertrauensmänner wieder an sie ergeht. Tretet der Provokation gewissenloser verantwortungsloser Menschen energisch entgegen. Beweist auch heute wieder jene Disziplin, die die Arbeiterschaft Wiens stets ausgezeichnet hat."9

Die sozialdemokratische Führungsspitze ver trat jahrzehntelang das evolutionistische Konzept des 'quantitativen Hineinwachsens' in den Sozialismus und hatte ihre Hauptkraft auf die Erringung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts innerhalb des parlamentarischen Systems konzentriert, ein Ziel, das 1907 erreicht worden war. Das Mittel des Generalstreiks, um den politischen Forderungen Nachdruck zu verleihen, lehnten die österreichischen Sozialdemokraten im Unterschied zu den englischen und belgischen Gesinnungsfreunden ab. Bei den Reichsratswahlen im Juni 1911 erlitt die Partei, die sich traditioneller Weise durch eine besonders disziplinierte Anhängerschaft auszeichnete, jedoch Stimmeinbußen, außerdem machten sich innerhalb der sozialistischen Bewegung - die tschechische Sozialdemokratie setzte auf die nationale Karte - deutliche Spaltungstendenzen bemerkbar. Da die allgemeine Not zunahm und die politischen Ziele nicht erreicht wurden, radikalisierte sich die Basis. Die Partei kam unter einen enormen Druck seitens jenes Teils der Arbeiterschaft, der ein außerparlamentarisches Vorgehen - mit Massendemonstrationen - forderte. Anfang September verlieh der Ottakringer "Volkstribun Franz Schumeier" bei einer sozialdemokratischen Versammlung dieser Stimmung Ausdruck:

"Wir leben in einer ungeheuer ernsten Zeit, und es ist zu befürchten, daß der Herbst oder der Winter eine Explosion bringt, daß die Bevölkerung ihrem Groll über die Teuerung Luft machen wird, wenn nicht durch Reden, so anders ... Wir können ruhig sein: wir haben unsere Pflicht getan; aber die Regierung hat nicht gehört, mögen jetzt die Konsumenten das Wort nehmen. Und wenn der österreichische Ministerpräsident die Fenster klirren und die Straße erdröhnen lassen will von den Rufen der Verzweiflung, so kann er das erleben. Die Verantwortung dafür trifft jene, die nicht hören wollen. "10

Angesichts dieser explosiven Stimmung entschloss sich die Partei, die Teuerungsdemonstration vom 17. September zwar agitatorisch zu unterstützen, verzichtete jedoch - im Gegensatz zur gängigen Demonstrationspraxis - einen Ordnerdienst zu stellen und Aufmarschpläne auszuarbeiten. Die Teilnehmer des Zuges sollten so volle Aktionsfreiheit erhalten.

Dieses Vorgehen wurde von der bürgerlichen Presse nach dem "blutigen Sonntag" besonders heftig angegriffen. Victor Adler verteidigte jedoch am 5. Oktober im Parlament die Haltung der Partei mit den Worten:

"Sie, die Sie in Ihren Blättern, beinahe alle unsere gegnerischen Parteien, immer die Disziplin, die wir uns selbst geschaffen und eingehalten haben ... Sie, die Sie die Demonstrationen für das Wahlrecht durch Jahre lang in Ihren Polizeiblättern, ob sie jetzt christlichsoziale oder sonst Regierungsblätter heißen, verhöhnen lassen, Sie haben die Leute, die sich freiwillig dieser Disziplin unterworfen haben und nicht leicht unterworfen haben ... immer verhöhnt und am ersten Tag, wo Sie einem Nachlassen dieser selbstauferlegten Disziplin gegenüberstehen, wo Ihnen die Ordner, die wir stellen, fehlen, stellt sich Ihre Ordnung ein, die nichts kann als Schießen und Stechen."11

Aus dem Bericht des "Bregenzer Tagblattes" lässt sich entnehmen, wie schwer es den sozialdemokratischen Vertrauensleuten in diesen Septembertagen gefallen ist, die Parteibasis, die mit der hinhaltenden Strategie der Parteispitze unzufrieden war und auf Taten drängte, zu beschwichtigen. Bei einer Versammlung, die der Ottakringer Hungerrevolte vorangegangen war, wurden die sozialdemokratischen Redner ständig durch Rufe wie "Hoch Portugal! Hoch die Revolution! Englisch sprechen! Generalstreik! Nieder mit den Agrariern! Nieder mit der Regierung!" unterbrochen.12

Der fehlende Ordnungsdienst wurde auch im "Tagblatt" - in Berufung auf "einen hohen Polizeifunktionär" - als eine Hauptursache der Eskalation angesehen:13

"Das Fehlen der Ordner hat es mit sich gebracht, daß bei den sonntägigen Demonstrationen die Massen sich selbst überlassen waren und sich auch eine große Menge von Personen, die nicht zur sozialdemokratischen Partei gehören, angeschlossen hat."

Bei der Bewertung der Ottakringer Ausschreitungen unterschied das "Tagblatt" - im Gegensatz zum "Volksblatt" - zwischen den sozialdemokratischen Parteigängern und dem "Mob":

"Hier waren es nicht mehr organisierte Arbeiter, sondern wirklicher Mob, Lehrjungen und Schulbuben, sowie auch Betrunkene, welche diese schweren Exzesse verursacht haben."

Nicht nur in Wien ging die Arbeiterschaft in diesen Tagen aus Verzweiflung auf die Straße. Zu einer großangelegten Teuerungsdemonstration kam es auch in Prag. Die Menge sang dort revolutionäre Lieder und griff die Regierung in Sprechchören scharf an. Der Einsatz des Militärs forderte allerdings im Gegensatz zu Wien keine Menschenopfer. Zu ähnlichen Großkundgebungen mit Tausenden Teilnehmern und Teilnehmerinnen kam es im Laufe der Woche in Budapest, Salzburg, Linz, Graz, Innsbruck und anderen größeren Orten. Auch in den vier Vorarlberger Städten fanden Protestkundgebungen statt, die größte in Dornbirn. Die "Vorarlberger Wacht" schilderte die Erbitterung der Anwesenden.

"Eine solche Versammlung in einem Saale hat Dornbirn noch nie gesehen. Wenn auch bei den letzten Wahlen die Wogen sehr hoch gingen und die Wähler massenhaft in die Versammlungssäle eilten, aber am Dienstag Abend hat das arbeitende Volk seinen Mann gestellt und der Regierung tausendstimmig zugerufen: Bis hierher und nicht weiter! Stürmische Pfuirufe erschollen, als das brutale Vorgehen des Militarismus in Wien bekanntgegeben wurde."14

Parteisekretär Eduard Ertl15 ließ verbal die Muskeln spielen: Er sprach bei dieser Versammlung sogar vom "Generalstreik": Er sei "zwar nie ein Freund dieses Kampfmittels gewesen, aber die Regierung dränge die Arbeiterschaft, die sie zum Weißbluten bringen möchte, zu diesem revolutionären Kampfe." Auszugsweise wurde sein Referat - das er auch bei anderen Protestversammlungen hielt16 - in der "Wacht" vom 28. September veröffentlicht.

Beschwichtigend griff bei der Dornbirner Versammlung Hermann Leibfried, die ,Seele' der Vorarlberger Sozialdemokratie vor dem Ersten Weltkrieg17 und Redakteur der "Wacht", ein: Er fordere die Anwesenden auf, bis zum Beginn der Reichtagsversammlung am 5. Oktober stillzuhalten. Sollte es jedoch dann zu keinen Lohnerhöhungen kommen, würden sie von den Arbeitgebern "erzwungen" werden. Schließlich wurde von den Anwesenden "mit Begeisterung" eine ausführliche Resolution angenommen, die aufzeigen sollte, welche Schritte die Sozialdemokraten seit 1907 unternommen hatten, um die Le bensmittelteuerung zu bekämpfen. Zwei Punkte monierten die sozialdemokratischen Abgeordneten wiederholte Male im Parlament: Erstens sollte die Einfuhr von überseeischem Fleisch weder der Menge noch der Zeit nach beschränkt werden, zweitens wurde der Anspruch Ungarns, bei dieser Frage mitentscheiden zu können, strikt zurückgewiesen.

Diese Resolution wurde in der "Wacht" vollinhaltlich abgedruckt und mit einem einleitenden Kommentar versehen, der von einem "letzten Warnungszeichen" an die Regierung und die "Ausbeutersippe" sprach und mit marxistischem Vokabular zu einer Änderung der bestehenden Situation aufforderte:

"Und wahrhaftig, die Arbeiterschaft ist aufs Äußerste gereizt - ohne Hetzereien, Herr Ministerpräsident! - so daß selbst in Vorarlberg eines schönen Tages die Fabriken und Werkstätten leer stehen werden, wenn die Regierung und das Parlament jetzt nicht ihre Pflicht erfüllen und die furchtbare Teuerung wenigstens lindern, da der Klassenstaat, die kapitalistische Produktion die Teuerung selbst nicht abschaffen kann. Erst die Beseitigung der privatkapitalistischen Produktionsweise und die Besitzergreifung aller Produktionsmittel durch die Allgemeinheit zugunsten der Gesamtheit wird hier Abhilfe schaffen können... "18

Es liegt auf der Hand, dass dieser Verbalradikalismus auf der bürgerlichen Gegenseite als staatsfeindliche Bedrohung empfunden wurde und zur Festigung der gegenseitigen Vorurteilsstrukturen und Feindbilder beigetragen hat.

In der sozialdemokratischen Resolution wurde als Hauptursache für die Teuerung die Haltung der österreichischen Großagrarier und die Nachgiebigkeit der Regierung gegenüber Ungarn ausgemacht.

Seit dem sogenannten Ausgleich mit Ungarn im Jahr 1867 gehörte in der dualistischen Monarchie die Wirtschaftsgesetzgebung in den Bereich der auszuhandelnden Staatsverträge zwischen Wien und Budapest. Die magyarischen und österreichischen Großagrarier hatten es verstanden, ein ausgeklügeltes System von Agrarschutzzöllen und Einfuhrverboten für agrarische Produkte durchzusetzen. Die gesamtstaatlichen wirtschaftspolitischen Maßnahmen - die Zoll- und Handelspolitik, die Ausfuhrpraxis, der Veredelungsverkehr oder die Tarifpolitik - begünstigten aufs Ganze gesehen, die österreichische Industrie und die ungarische Landwirtschaft. Die Probleme des jeweils schwächeren Partners, der österreichischen Landwirtschaft - abgesehen von den Großagrariern - und der ungarischen Industrie blieben unberücksichtigt, ebenso die Strukturschwächen einzelner Regionen.19

Der laufende Zolltarif war für den Zeitraum von 1907 bis 1917 gültig. Die ungarische Regierung hatte bei den langwierigen Ausgleichsverhandlungen ihren Einfluss im Gesamtstaat vergrößert. Da die Bevölkerung durch die Produktion aus der österreichischen Landwirtschaft nicht genügend versorgt werden konnte, waren Lebensmitteleinfuhren aus dem Zollausland nötig, und dies bei steigenden Weltmarktpreisen. Nach der Kündigung des rumänischen und des serbischen Handelsvertrages - Serbien wurde dafür ,bestraft', dass es bei der Annexion von Bosnien-Herzegowina durch Österreich eine österreichfeindliche Haltung bezogen hatte - verschlechterte sich die Versorgungslage der Bevölkerung beträchtlich. Die Regierung musste infolge von Großdemonstrationen im Oktober 1910 die Einfuhr von billigem Fleisch aus Übersee gestatten. Diese Maßnahme stieß auf den erbitterten Widerstand der heimischen Agrarier, und die ungarische Regierung machte geltend, dass sie gefragt werden müsse. Die österreichische Regierung Beck anerkannte dieses Einspruchsrecht der Ungarn und stoppte die Fleischeinfuhr aus Argentinien. Dies führte zu erneuten Preissteigerungen, die schließlich in Hungerrevolten endeten.

Während die Sozialdemokraten den ehemaligen Handelsminister Dr. Richard Weiskirchner (1861-1926) - er war von 1909 bis 1911 im Amte20 - persönlich für das Einfuhrverbot von argentinischem Billigfleisch verantwortlich machten, verteidigte das "Volksblat" den Politiker:

"Mit Rücksicht darauf, daß Vorarlberger Blätter in der Frage der Fleischeinfuhr und des Geheimvertrages mit Ungarn den ehemaligen christlichsozialen Handelsminister als den Schuldigen hinstellen und trotz wiederholter gründlicher Widerlegung dieser nachgeplapperten Behauptung in unserem Blatte, ja selbst trotz der glänzenden Verteidigung Weiskirchners durch den gegenwärtigen Ministerpräsidenten, ihre Lügen immer wieder ihren Lesern auftischen, bringen wir den bezüglichen Teil der Rede Weiskirchners im Wortlaute und bemerken, dass die gegnerischen Abgeordneten im Landtage nicht einmal den Versuch machten, diese streng sachlichen Ausführungen zu widerlegen."21

Mit den "Vorarlberger Blättern" war ausschließlich die "Vorarlberger Wacht" gemeint. Die sozialdemokratische Zeitung reagierte mit einem Artikel, der mit "Weiskirchner findet Schutz beim ,Volksblatt'" übertitelt war.22 Sie wies die Versuche des ehemaligen Handelsministers, die Verantwortung auf die Regierung Beck und auf das Kabinett unter Freiherrn Richard von Bienerth-Schmerling abzuschieben, energisch zurück und blieb bei ihrer Version: Minister Weiskirchner habe im offenen Widerspruch zu den Bestimmungen der Staatsverträge das Einspruchsrecht der ungarischen Regierung anerkannt und sei daher persönlich für die Teuerung verantwortlich.

 

Die Teuerungsdebatte im Landtag und die "Empörung der Satten"23

 

Die Teuerungswelle wirkte sich in den Jahren 1910/11 auch in Vorarlberg verheerend aus.24 In der Sitzung vom 10. Oktober 1910 befaßte sich der Landtag eingehend mit den Ursachen der wirtschaftlichen Misere. An die k.k. Regierung wurde seitens des Landes die Forderung erhoben, die Versorgung mit Fleisch unverzüglich zu verbessern. Weiters wurde ein "entschiedener Kampf gegen den wuchertreibenden Zwischenhandel und unsolide Kartelle verlangt, sowie geeignete Bestimmungen bezüglich Festsetzung der Preise."25 Um die Gründe der Teuerung zu erforschen und Rezepte zu deren Bekämpfung zu erhalten, beschloss der Landesausschuss die Aussendung von Fragebögen an Gemeinden, an die Handels- und Gewerbekammer, an Genossenschaften und Vereine. Ein Jahr später lag die Auswertung dieser Fragebogenaktion vor. Dr. Drexel stellte die Ergebnisse im Landtag in einer zweistündigen Rede vor.26

Bei der Suche nach den tatsächlichen Gründen für die Preisentwicklung herrschte Ratlosigkeit vor. Die Befragten gaben an, dass die Preissteigerungen sich nur zum geringsten Teil durch "natürliche Gründe"erklären ließen. Vielmehr treffe die Schuld die "ausbeuterischen Kartelle", den "überflüssigen Zwischenhandel" und vor allem den "unersättlich wucherischen Kapitalismus", der immer mehr allen Besitz an sich ziehe, während das Volk verarme und trotz Fleiß und Arbeit kaum die Familien durchbringe.27 Über die Beseitigung der Übelstände allerdings herrschten große Differenzen.

Drexel wies in seiner Landtagsrede unter anderem die Ansicht der sozialistischen Gemeindevertreter Dornbirns, die Teuerung sei durch verstärkte Einfuhren zu beheben, als "falsche Volkswirtschaftslehre" zurück. Er griff auch im Dornbirner Kasino die Sozialdemokraten auf das heftigste an. In einer Gegenpolemik attackierte hierauf die "Wacht" unter dem Titel "Was ist Wahrheit, was ist Schwindel? " den christlichsozialen Arbeiterführer:

"Was ist nun wahr? Daß die Christlichsozialen an der Teuerung in Österreich nicht die geringste Schuld haben! Wer lacht da nicht? Schuld sind die Juden, die Wucherer, das Großkapital, mit denen die Sozialdemokratie unter einer Decke stecke. Letzteres ist der Schwindel!"28

Die "Teuerungsdebatte" und die wirtschaftliche Notlage beherrschten die gesamte Landtagssession 1911. Die Sitzungen begannen am 25. September, eine Woche nach dem "blutigen Sonntag" in Wien.29 Bereits in seiner Eröffnungsrede nahm Landeshauptmann Adolf Rhomberg30 zur herrschenden Misere ausführlich Stellung und schilderte die triste Wirtschaftslage in Vorarlberg:

"Die allerorten herrschende und stetig zunehmende Teuerung der unentbehrlichsten Lebensmittel, welche schon im Vorjahre eine tief eingreifende und außerordentlich empfindliche war und speziell auf dem Bauern-, Gewerbe- und Arbeiterstande schwer lastet, sie ist seit unserer letzten, ordentlichen Tagung, eine noch viel unerträglichere, ja geradezu unerschwingliche für alle Kreise des Volkes geworden. Denn seit nur Jahresfrist sind nicht bloß die Preise für Fleisch und eigentümlicherweise trotz der großen und ergiebigen Getreideernte in Ungarn - auch für Brot und Mehl - noch mehr in die Höhe gegangen, sondern es sind mittlerweile auch infolge raffiniertester, nur auf möglichst großen, eigenen Gewinn berechneter Preistreibereien wucherischer Kartelle auch die Preise für Zucker, Petroleum und anderer beinahe unentbehrlicher Gebrauchsgegenstände in ganz unbegründeter Weise rapid in die Höhe geschnellt."31

In seiner weiteren Analyse wies der christlichsoziale Politiker auf die drückende Wohnungsnot in den Industriezentren hin. All dies sei dazu geeignet, "Familien der kleinen Gewerbetreibenden, der Bediensteten und Arbeiter geradezu in eine verzweifelte Lage" zu bringen. Allerdings beschränke sich diese Notsituation nicht nur auf Österreich, sondern sie sei in ganz Europa "eine allgemeine" geworden und sowohl im monarchischen England als auch im republikanischen Frankreich käme es deswegen zu Krawallen. Dann nahm der Landeshauptmann zu den Ausschreitungen in Wien Stellung. Seine Ausführungen wichen in der Grundtendenz nicht von jenen im "Volksblatt" ab:

"Am 17. September haben wir aber auch in unserem Vaterlande und zwar vor allem in der Reichshauptstadt Wien zur ewigen Schande eine förmliche Revolution mitansehen müssen, die gegen die Regierung und gegen politische Parteien gerichtet war, bei welcher aber arme, kleine Gewerbetreibende auf das schwerste geschädigt, zum Teil ganz ruiniert, unschuldige Greise und Frauen insultiert und an öffentlichen Gebäuden, Schulen usw. immenser Schaden durch einen wilden Pöbel angerichtet wurde, während andererseits die Häuser notorischer Preistreiber und Teuerungswucherer auf das sorgfältigste verschont blieben."

Diese Landtagseröffnungsrede wurde in der "Vorarlberger Wacht" ausführlich zitiert und als "eine gehässige Brandrede" des Landeshauptmannes gegen die Sozialdemokratie gewertet. Die Rede sei "gespickt mit verschiedenen Lügen, die so offenkundig sind, daß man glauben sollte, ein so alter Mann und Politiker, wie der Landeshauptmann es ist, würde es verschmähen, als Vorsitzender unseres Landtages, also nicht irgend einer Kasinoversammlung, mit solchen Mitteln zu arbeiten und die Arbeiterschaft zu verhöhnen."32

Auf das schärfste wurde unter anderem die auf antisemitische Emotionen abzielende Unterstellung des Landeshauptmanns zurückgewiesen, daß "die Häuser notorischer Preistreiber und Teuerungswucherer" von den Demonstranten planmäßig verschont worden seien. Der "Wacht"-Redakteur verwahrte sich auch gegen den Ausdruck "wilden Pöbel" für die Demonstranten und richtete seinerseits heftige Angriffe gegen den Landeshauptmann. Als reicher Fabriksbesitzer - Adolf Rhomberg war Miteigentümer der Dornbirner Textilfirma Herrburger & Rhomberg - sei er gar nicht in der Lage, sich in die Not der arbeitenden Bevölkerung hineinzuversetzen:

"So kann nur ein Mann sprechen, der nie Hunger gelitten hat, der zu den Satten sich zählen darf, denn der Landeshauptmann kann auf Millionen sich hinsetzen, die ihm christliche und ,nichtchristliche' Arbeiter und Arbeiterinnen bis jetzt erworben haben und auch noch weiter erwerben müssen."

In der ganzen Rede komme nur die "Scheinheiligkeit" der christlichsozialen Politik zum Ausdruck:

"Jetzt, da den christlichsozialen Führern endlich aufdämmert, daß sie im alten Parlamente, ja selbst im neuen Parlamente das arbeitende Volk, die Konsumenten verkauft und an die Ungarn verraten haben, jetzt endlich lenken sie ein und stellen Anträge, wie sie die Sozialdemokraten schon 1907 eingebracht haben, aber dann von Drexel, Loser, Fink, Thurnher & Co. niedergestimmt wurden. Den schuldigen Mann gehts Grausen an!"

Die Rede des Landeshauptmannes rief auch bei der sozialdemokratischen Basis empörte Gegenreaktionen hervor, die zum Teil mit antisemitischen Untertönen versehen waren. In einer Replik unter dem Titel "Die Sozi schützen die Juden?" klagten Arbeiter der Textilfabrik Gebrüder Rosenthal in Rankweil über die unzumutbaren Arbeitsbedingungen und die völlig unzureichende Entlohnung. Diese Verhältnisse seien die "wirkliche Schande" - nicht die Demonstration vom 17. September:

"Und trotzdem hier alles erzchristlich ist, macht kein Pfaffe der Schandwirtschaft dieser Juden-Firma ein Ende, denn dort, wo Kapital und Pfaffen regieren, ist der Arbeiter neunfach gekettet. Hier hört man sonst nichts als beten und arbeiten, und was die Hauptsache ist, bestimmt jeden Sonntag in der Kirche erscheinen. Wenn schon der Magen vor Hunger zu laut rebelliert, so wird er mit Orgelton und Glockenklang übertönt und beruhigt, und dann können die betörten Hungergestalten wieder heim gehen in ihr Eldorado des Elends, und kein Teufel schert sich darum, ob er noch was zu essen hat oder nicht."33

Die in den Zeitungen und bei Versammlungen geführten Dispute zeigt ein weiteres Mal auf, wie tief die Kluft zwischen den weltanschaulichen Lagern im Lande war.

Dass die Mehrheit ethnische, religiöse oder politische Minderheiten auszugrenzen versuchte, gehörte zum Identitätsfindungsprozess der ,alemannischen Vorarlberger'. Als ,Volksfremde' galten den Christlichsozialen in erster Linie zugewanderte Italiener, Freimaurer, Protestanten, Liberale, Juden, Sozialisten oder ,Wiener'.34 Sie wurden demgemäß im christlichsozialen "Volksblatt", das beinahe ein Meinungsmonopol besaß, als Landesfeinde abgestempelt. Die Septemberunruhen eigneten sich dazu besonders gut. Die gängigen Feindbilder für die katholischen Konservativen trafen hier geradezu idealtypisch zusammen: Aufständische, verjudete Wiener Sozialdemokraten, die von den Liberalen unterstützt wurden und die die bürgerliche Ordnung umstürzen wollten, hatten zur Gewalt gegriffen! Der Leserschaft musste es bei dieser Bedrohung kalt den Rücken hinunterlaufen - und das "Volksblatt" tat das Seine dazu, dass dem so war.

 

Massen- und Klassenjustiz

 

Unterschiedlich war auch die Haltung der Medien zur Justiz. Bereits am 19. September begannen die ersten Verhandlungen vor dem Josefstädter Bezirksgericht. Die Prozesswelle gegen die 283 Angeklagten dauerte bis zum 24. Oktober an. Im "Tagblatt" setzte bereits in der Ausgabe vom 22. September eine ausführliche Gerichtsberichterstattung ein.35

Justizminister von Hochenburger schaltete -um eine möglichst schnelle Aburteilung der Demonstranten zu gewährleisten - die Schwurgerichte, die eigentlich für "politische Verbrechen" zuständig waren, aus. Berufsrichter wurden mit den Prozessen beauftragt, und die Staatsanwaltschaft wurde angewiesen, möglichst scharfe Strafanträge zu stellen.36 Den Vorsitz beim Josefstädter Bezirksgericht führte Oberlandesgerichtsrat von Haidt, im Landesgericht verurteilten die Richter Hanusch und Schulz.

Die Angeklagten kamen in der Regel wegen Aufruhr, öffentlicher Gewalttätigkeit oder wegen Auflauf und Widerstand gegen die Obrigkeit vor Gericht. l0lmal wurde der berüchtigte § 81 angewandt: "Gefährliche Drohung oder wirkliche gewaltsame Handanlegung zur Vereitelung der Vollziehung eines obrigkeitlichen Auftrages."

Die Prozesse waren juristisch äußerst fragwürdig und riefen deshalb bei liberal gesinnten Juristen Widerspruch hervor. Selbst die ansonsten mit Kritik an der Justiz zurückhaltenden "Juristischen Blätter" sprachen von einem "Mißbrauch" der in Frage kommenden Gesetzesparagraphen. Besonders die Beweisführung verletzte ein Minimum an fairer Prozessführung: Die Aussagen der beteiligten Polizisten und Militärangehörigen genügten in der Regel, um zu einer Verurteilung zu kommen. Die Rechte der Verteidigung - die sozialdemokratische Parteiführung hatte beschlossen, den Angeklagten ohne Rücksicht auf ihre Parteimitgliedschaft die Parteianwälte zur Verfügung zu stellen - wurden drastisch eingeschränkt. Die Urteile fielen dementsprechend hart aus, und ihre Unverhältnismäßigkeit schockierten nicht nur die Arbeiterschaft. "Die Proportionen schienen von einem auf den anderen Tag völlig verschoben, die Relationen zerflossen dem gewachsenen Rechtsempfinden unter der Hand."37

Die dargestellten Fälle im "Tagblatt" geben einen Eindruck vom Ablauf dieser Verfahren wieder:

"In der nächsten Verhandlung war der Kellner Franz Frida angeklagt, weil er nach einer Anzeige des Polizeiagenten Springer in der Lerchenfelderstraße im Hause des Selchermeisters Kraus zwei Fensterscheiben der Hausbesorgerwohnung mit einem Stock eingeschlagen hat. Der Richter konstatierte, daß der als Zeuge geladene Polizeiagent schwer verletzt wurde, daher der Zeugenladung nicht Folge leisten konnte. Der Angeklagte leugnete. Selchermeister Kraus gab an, daß das Einschlagen der Fenster im Anschlusse an eine unmittelbar vorher erfolgte Demolierung eines vorbeifahrenden Tramwaywagens folgte."

Der Staatsanwalt stellte nach dieser Aussage den Antrag, den Angeklagten an das Landesgericht zu überstellen, da nunmehr der Tatbestand des "Verbrechens der öffentlichen Gewalttätigkeit" gegeben sei. Der Richter leistete dem Folge.38

Insgesamt sprachen die Richter Freiheitsstrafen in der Höhe von 70 Jahren aus. Eine gängige Formel lautete: Für die Anklage wegen "Auflaufes" zehn Tage Haft, für einen Steinwurf ein Jahr.39

In der "Wacht" wurde laufend über die Verurteilungen berichtet:

"Neue Opfer. Bei der fünften Verhandlung des Wiener Gerichtes wurden wieder zu furchtbaren Strafen verurteilt ein 24jähriger Arbeiter wegen Werfens eines Steines zu acht Monaten Kerker, ein 17jähriger Lehrling zu vier Monaten Kerker, ein 28jähriger Arbeiter zu zwei Jahren Kerker, ein Elektriker zu 18 Monaten Kerker; der Angeklagte war von den Polizisten bei der Verhaftung mißhandelt worden. Darum kümmerte sich niemand: ein 20jähriger Tischler bekommt für das Werfen von Steinen ein Jahr schweren Kerker."40

Die Empörung der Sozialdemokraten über die Klassenjustiz war auch deshalb so groß, weil Demonstrationen mit Sachschaden keine Seltenheit waren. Allerdings wurden Sachbeschädigungen etwa bei nationalen Demonstrationen von der Justiz und den bürgerlichen Zeitungen anders qualifiziert. Es wurde offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen:

"Als vor gar nicht langer Zeit christlichsoziale Gewerbetreibende im ungarischen Ministerium die Fenster demoliert und vor dem Parlament mit der Sicherheitswache um eine schwarz-gelbe Fahne gerauft haben, war die fromme ,Reichspost' (und auch unser ,Volksblatt') gar nicht empört. Und wenn deutschnationale Studenten die Rampe des Universitätsgebäudes demolieren, deutschvölkische Jungmannen in einem tschechischen Vereinshaus, in einer italienischen Universität oder in einem Arbeiterkonsumverein die Fenster einschlagen, sieht die 'Ostdeutsche Rundschau' darin kraftvolle Betätigung völkischen Selbstbewußtseins. Aber diesmal waren es ja nur Arbeiter, die demonstrierten, und es handelte sich nicht um das Verbot des Flaschenbierhandels, nicht um die Sprache der Straßentafeln, sondern nur um ein Stückchen Fleisch für hungernde Kinder. Was Wunder, daß die Patrioten wüten!"

- stellte die "Vorarlberger Wacht" dazu verbittert fest.41

 

Wendepunkt: Attentat auf den Justizminister

 

Die Leichenbegängnisse der Demonstrationsopfer zeigten die ambivalente Haltung der sozialdemokratischen Führung zur Hungerrevolte: Einerseits war man darauf bedacht, eine übergroße Beteiligung der Bevölkerung hintanzuhalten42, andererseits sprach der prominente sozialdemokratische Abgeordnete Pernersdorfer bei der Beerdigung des 21 Jahre alten Eisendrehers Otto Brötzenberger am offenen Grabe. Spontan folgten 50.000 Menschen dem Sarg und ebenso viele standen Spalier. Die "Wacht" teilte ihren Lesern mit, Brötzenberger sei "wie ein Fürst beerdigt" worden.43 Ähnlich verliefen die Begräbnisse vom Werkzeugschlosser Franz Joachimsthaler und vom Geschäftsdiener Leopold Lechner.

Ein politisch motiviertes Attentat veränderte jedoch die Einstellung der sozialdemokratischen Führungsspitze zu den Septemberereignissen: Der 27jährige dalmatinisch-montenegrinische Holzarbeiter Nikolaus Njegusch Wawrak versuchte im Parlament, aus Protest gegen die gefällten "Schandurteile", Justizminister Hochenburger mit Revolverschüssen zu töten. Das Attentat scheiterte, der Minister blieb unverletzt.

Dieses Attentat war jedoch Wasser auf die Mühlen der heimischen Christlichsozialen. In der bürgerlichen Presse wurde nun versucht, den Mordanschlag "den Sozialdemokraten" anzulasten. Das "Volksblatt" sah sich vollends bestätigt und rechnete mit dem politischen Gegner unter dem Titel "Die rote Saat geht auf" ab:

"Die Sozialdemokratie ist mit dem verflossenen Donnerstag gerichtet. Sie ist gebrandmarkt als das, was sie ja von Grund auf sein sollte, was sie aber den lammfrommen und schafsgeduldigen Freisinnigen in Österreich geschickt zu verhüllen wußte: sie steht wieder nackt und unverhüllt da, als die Feindin jeglicher bürgerlicher Ordnung, als die Partei des Umsturzes, als die große, klassen- und ständeverhetzende Hetäre, die nur durch den engherzigen und fanatischen Haß der judenliberalen Presse und all ihrer zahl reichen Nachbeter gegen Lueger und seine Partei eine Zeit lang unverdiente Sympathien einheimste."44

Doch die Abrechnung galt nicht nur den Sozialdemokraten. Da die Christlichsozialen bei den Juni-Wahlen in Wien die Mehrheit verloren hatten, wurden auch "ihre Verbündeten" als Mitschuldige am Attentat hingestellt, "die Größen unserer Hochfinanz", die "Börsenjobber", die "Judenliberalen" und die "Deutschnationalen": "Hoffentlich besinnen sich die genannten bürgerlichen Kreise jetzt und richten ihr Sinnen und Trachten nicht einzig und allein darauf, durch eine unnatürliche Ehe mit Adler und Kompagnie die verläßlichen Stützen der bürgerlichen Ordnung, die Christlichsozialen, in Stadt und Land politisch tot zu machen."45 In Vorarlberg bestand diese Gefahr allerdings nicht.

Als Wawrak von der Galerie aus seine fünf Schüsse in Richtung Regierungsbank abfeuerte, befand sich auch der christlichsoziale Vorarlberger Abgeordnete Franz Loser im Parlament. Er schrieb sofort an das "Volksblatt" und schilderte, in welcher Gefahr er sich befunden habe:

"Ich kann nur sagen, die Gefahr war für mich nicht gerade gering und wie die übrigen in der Nähe Befindlichen habe es auch ich einem höheren Walten zuzuschreiben, daß alles ganz gut abgelaufen ist."

Im "Namen der christlichsozialen Partei Vorarlbergs" beglückwünschte die Zeitung den Abgeordneten, "daß er beim meuchlerischen Attentate eines erklärten Sozialdemokraten trotz größter Gefahr unverletzt davongekommen ist."

Während das "Volksblatt" auch in den nächsten Tagen das Attentat weidlich dazu ausnützte, um die Schuld am 17. September und an den Parlamentsschüssen den "Roten" anzukreiden, wurden die Sozialdemokraten in die Defensive gedrängt, und die "Wacht" antwortete erst am 19. Oktober zögerlich mit einem Rundumschlag gegen die "christlich (?) sozial-klerikale Moral":

"Die selbe Partei, die immer und überall den klerikalen Kulturkampf mit Terror und blutigen Waffen geführt hat, die von Mord und Totschlag nie zurückschreckte, wenn es die finstere Moral erforderte, diese Partei will heute den Entrüsteten spielen ... um die einzige wahre Oppositionspartei, die Sozialdemokraten, an die Wand zu drücken."46

Und in der Tat: Die Revolverschüsse im Parlament veränderten auch die Haltung der sozialdemokratischen Parteispitze. Auf dem Innsbrucker Parteitag47 distanzierten sich Otto Bauer und Karl Renner jetzt endgültig von den Hungerdemonstranten.48

Zwei Monate nach dem "blutigen Sonntag" tauchte in Dornbirn ein Flugblatt des "Katholischen Volkvereins für das Land Vorarlberg" auf, das gleichsam als Nachlese noch einmal die Fronten klar absteckte und feststellte, dass an der Teuerung und ihren Folgen keineswegs die Christlichsozialen, sondern die Sozialdemokraten die Verantwortung trügen. Auf dieses Flugblatt erfolgte in der "Wacht" eine entsprechende Antwort: Die christlichsoziale Partei sei "die verlogenste und gemeinste Partei ... die je auf Gottes Erdboden existiert hat."49

Realpolitisch brachten die Septemberereignisse für die Arbeiterbewegung eine offensichtliche Niederlage: Spektakuläre Massenmobilisierungen gegen die Teuerung und die herrschende Wohnungsnot unterblieben in der Folgezeit nicht nur in Wien. Die abschreckenden Massenprozesse zeitigten Wirkung.

Die objektiven politischen Möglichkeiten der Sozialdemokraten und ihr subjektives Stärkegefühl - wie es in einem in der "Wacht" abgedruckten Gedicht aus dem Aussiger "Volksrecht" zum Ausdruck kam - klafften noch mehr auseinander:

"17. September 1911
Wir haben gebeten und haben geharrt
Und wir wurden getreten und wurden genarrt;
Wir sprachen in ernstem, in sachlichem Ton
Und ,Schwindel!' gab uns zur Antwort der Hohn.
Und groß ward das Elend und stürmisch das Klagen -
Da hat man uns ins Gesicht geschlagen!
Da brach unser Langmut, da schwoll uns der Zorn
Da quoll des Blutes heißsprudelnder Born.
Wir haben getragen, was tragbar ist!
Gedarbt und gerackert zu jeglicher Frist!
Doch Arbeit schützt nicht mehr vor Elend und Not!
Die Milch für den Säugling, den Kindern das Brot,
Das dürftige Obdach ob unserem Haus,
Es wird uns verkümmert, es wird uns geraubt!
Was Wunder, wenn Fäuste sich ballen und recken:
,Nein, lieber ein Ende, ein Ende mit Schrecken!'
Und doch ist's der Zorn nicht, der Rettung uns schafft!
Der Zorn ist der Schwachen, der Hilflosen Kraft.
Wir aber sind stark und wir werden's erzwingen,
Wir werden den Sieg und die Freiheit erringen!
Stark durch die Einheit, stark durch die Zahl,
Stark durch die Arbeit, stark durch die Qual,
Stark durch das Elend, das uns umdroht,
Stark wie das Leben - stark wie der Tod!"50

Die Ohnmacht der Arbeiterschaft, die sich bei der massenhaften Aburteilung der Demonstranten vom 17. September 1911 deutlich zeigte, mag mit dazu beigetragen haben, dass sich auch die Sozialdemokraten drei Jahre später vom nationalen Taumel anstecken ließen, der in Krieg und Untergang der Monarchie mündete.

 

Anmerkungen

1 Siehe dazu Wolfgang Maderthaner/Siegfried Mattl: "... den Straßenexcessen ein Ende machen." - Septemberunruhen und Arbeitermassenprozeß 1911. In: Karl R. Stadler (Hrsg.): Sozialistenprozesse. Politische Justiz in Österreich 1870 - 1936. Wien-München-Zürich 1986. S. 117-150.

2 VV, 46. Jg., Nr. 215, 20. 9. 1911.

3 BT, Nr. 215, 20. 9. 1911.

4 VW, Nr. 43, 21. 9. 1911.

5 VV, Nr. 216, 21.9. 1911.

6 Kurt Greussing arbeitet derzeit an einer Studie, die aufzeigt, wie Ende des 19. Jahrhunderts der Antisemitismus von den Vorarlberger Christlichsozialen als Mittel der Massenpolitik instrumentalisiert wurde (Die Erzeugung des Antisemitismus in Vorarlberg um 1900, Bregenz 1992).

7 Mittersteiner, Reinhard: Peripherie und Sozialismus. Die Konstituierung der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung in Vorarlberg (1889 - 1918). Dissertation Wien 1988, S. 80 ff.

8 BT, Nr. 215, 20. 9. 1911.

9 Flugblatt abgedruckt in Anm. 1, S. 119.

10 Arbeiter-Zeitung, 14. 9. 1911; zitiert nach Anm. 1, S. 118.

11 Victor Adlers Aufsätze, Reden und Briefe. Hrsg. v. Parteivorstand der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschösterreichs. Wien 1929. Heft 8, S. 471 f.

12 BT, Nr. 215, 20. 9. 1911.

13 BT, Nr. 216, 21. 9. 1911.

14 VW, Nr. 43, 21.9. 1911.

15 Er war von 1906 bis 1913 Parteisekretär. Siehe Mittersteiner, Reinhard: Wachstum und Krise - Vorarlberger Arbeiterbewegung 1890 - 1918. In: Im Prinzip: Hoffnung. Arbeiterbewegung in Vorarlberg 1870 - 1946. Hrsg. v. Kurt Greussing. Bregenz 1984, S. 73-132, hier S. 86 ff.

16 Zum Beispiel am 24. 9. in Lustenau, am 1. 10. in Hohenems.

17 Ebenda, Anm. 15

18 VW, Nr. 43, 21. 9. 1911.

19 Siebe dazu Brusatti, Alois (Hrsg.): Die Habsburgermonarchie 1848 - 1918 Bd. 1, Die wirtschaftliche Entwicklung. Wien 1973. Zu den wirtschaftspolitischen Implikationen des "Ausgleichs" Paulinyi, Akos: Die sogenannte gemeinsame Wirtschaftspolitik Österreich-Ungarns, ebenda, S. 565 - 604.

20 Dr. Richard Weiskirchner wurde 1912 Wiener Bürgermeister und verblieb bis 1919 im Amte. Von 1920 bis 1923 war er Präsident des Nationalrates.

21 VV, Nr. 218, 23. 9. 1911.

22 VW, Nr. 44, 28. 9. 1911.

23 So die VW, Nr. 44, 28. 9. 1911.

24 Siehe Bilgeri, Benedikt: Geschichte Vorarlbergs, Bd. IV, Wien-Köln-Graz 1982, S. 573 f.

25 Bericht des Landesausschusses über das Ergebnis einer schriftlichen Umfrage betreffend die Ursachen und die Bekämpfung der Teuerung in Vorarlberg. 16. Beilage zu den stenographischen Berichten des Landtages. IV. Session der 10. Periode 1911.

26 Stenographische Sitzungsberichte der IV. (ordentlichen) Landtagssession, X. Landtags-Periode, Bregenz 1911, 7. Sitzung am 2. 10. 1911.

Folgende Körperschaften hatten die vorgegebenen 34 Fragen beantwortet: Gemeinden:

Bregenz; dreimal Dornbirn (Christlichsoziale Partei, Deutschfreisinnige Partei, Sozialdemokratische Partei); Braz; Mittelberg und Sonntag Handels- und Gewerbekammer und Genossenschaften:

Handels- und Gewerbekammer; Einkaufsgenossenschaft der Konsumvereine in Dornbirn; Verband gewerblicher Genossenschaften für Vorarlberg; Handelsgenossenschaft Bludenz, Dornbirn, Feldkirch; Landesfachgenossenschaft der Fleischhauer; Verband der Sticker- und Ferggergenossenschaften; Vereine:

Landwirtschaftlicher Verein; Bund Österreichischer Industrieller, Sektion Vorarlberg; Verband für Fremdenverkehr; Katholischer Lehrerverein; Lehrerverein des Landes Vorarlberg; Müllerverband; Staatsbeamtenklub und Stickerbund.

27 BT, Nr. 227, 4. 10. 1911.

28 VW, Nr. 45, 5. 10. 1911.

29 Bereits am 2. Oktober musste die Sitzung wegen der vorzeitigen Einberufung des Reichsrates vertagt werden. Erst am 22. Jänner konnte die Fortsetzung erfolgen. Die Session dauerte schließlich bis zum 19. Februar 1912.

30 Zu seiner Person siehe Haffner, Leo: Die Kasiner. Bregenz 1977.

31 Stenographische Sitzungsberichte der IV. (ordentlichen) Landtagssession, X. Landtags-Periode, Bregenz 1911, 1. Sitzung am 25. 9. 1911.

32 VW, Beilage zu Nr. 44, 28. 9. 1911.

33 VW, Nr. 45, 5. 10. 1911.

34 Siehe dazu Barnay, Markus: Die Erfindung des Vorarlbergers. Bregenz 1988, S. 274 ff.

35 BT, Nr. 217, 22. 9. 1911.

36 Siehe dazu Anm. 1, S. 127 ff.

37 Anm. 1, S. 132.

38 BT, Nr. 217, 22. 9. 1911.

39 Anm. 1, S. 132.

40 VW, Nr. 45, 5. 10. 1911.

41 VW, Nr. 44, 28. 9. 1911.

42 Anm. 1, S. 143.

43 VW, Nr. 44, 28. 9. 1911.

44 VV, Nr. 231, 8. 10. 1911.

45 Ebenda.

46 VW, Nr. 47, 19. 10. 1911.

47 Siehe dazu VW, Nr. 49, 2. 11. 1911 und VW, Nr. 50, 9.11. 1911.

48 Anm. 1, S. 144 f.

49 VW, Nr. 51, 16.11.1911.

50 VW, Nr. 44, 28. 9. 1911.

 

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